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BGH: Vernichtung eines Kunstwerks durch den Eigentümer kann Urheberpersönlichkeitsrechte verletzen

Rechtsanwalt Tarek Alexander Issa • 4. Juli 2019
1. Zusammenfassung

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 21.02.2019 (Az. I ZR 15/18) entschieden, dass die Vernichtung einer urheberrechtlich geschützten Kunstinstallation durch deren Erwerber und Eigentümer eine Beeinträchtigung des urheberrechtlichen Werkes i. S. d. § 14 UrhG und damit eine Urheberpersönlichkeitsrechtsverletzung darstellt, die grundsätzlich auch Schmerzensgeldansprüche des Urhebers begründen kann.

2. Sachverhalt und Verfahrensgang

Die Kläger sind bildende Künstler. Die beklagte Firma betrieb in von ihr gepachteten Räumen eine Minigolfanlage, für die die Kläger gemäß einer Vereinbarung zwei künstlerische Installationen gestalteten. Nach etwa einem Jahr wurden die Installationen im Zuge einer Umgestaltung der Minigolfanlage zerstört.

Die Kläger sind der Auffassung, dass die Vernichtung der Installationen eine unerlaubte Beeinträchtigung ihrer Werke nach § 14 UrhG (sog. Entstellungsverbot) und somit eine Urheberpersönlichkeitsrechtsverletzung darstelle.

Nach § 14 UrhG hat der Urheber „das Recht, eine Entstellung oder eine andere Beeinträchtigung seines Werkes zu verbieten, die geeignet ist, seine berechtigten geistigen oder persönlichen Interessen am Werk zu gefährden.“

Die Kläger verlangen von der Beklagten und ihrem ebenfalls beklagten damaligen Geschäftsführer die Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes (vgl. § 97 Abs. 2 S. 4 UrhG) nebst Zinsen, wobei von den Klägern jeweils Beträge in Höhe von 10.000,00 € und 14.000,00 € für angemessen erachtet werden.

Das Landgericht Berlin hat die Klage in erster Instanz abgewiesen. Auch die Berufung der Kläger beim Kammergericht wurde zurückgewiesen. Nach Ansicht des Kammergerichts liege bei einer vollständigen Vernichtung eines urheberrechtlich geschützten Werkes keine „Beeinträchtigung“ i. S. d § 14 UrhG vor. Die Vorschrift schütze das Interesse des Urhebers am Fortbestand des unverfälschten Werkes und setze somit dessen Existenz voraus.

3. Entscheidung des BGH

Die Revision der Kläger beim Bundesgerichtshof hatte Erfolg. Die Sache wurde vom BGH zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Kammergericht zurückverwiesen.

3.1. Vollständige Vernichtung des Werkes ist Beeinträchtigung nach § 14 UrhG

Der BGH geht zunächst mit dem Kammergericht davon aus, dass es sich bei den Installationen um urheberrechtlich geschützte Werke nach § 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 UrhG handelt.

Nach Ansicht des BGH stellt die vollständige Vernichtung eines Werkes auch eine Beeinträchtigung nach § 14 UrhG dar: Wortlaut, Systematik sowie der Sinn und Zweck des § 14 UrhG, die berechtigten geistigen oder persönlichen Interessen des Urhebers an seinem Werk zu schützen, sprächen dafür, dass der Urheber nach dieser Bestimmung grundsätzlich auch eine Vernichtung seines Werks verbieten kann. Das Urheberpersönlichkeitsrecht könne durch die Vernichtung eines Werks in besonderer Weise betroffen sein, weil die Vernichtung das Fortwirken des Werks als Ausdruck der Persönlichkeit des Urhebers vereiteln oder erschweren kann.

3.2. Interessenabwägung zwischen Eigentum und Kunstfreiheit erforderlich

Der BGH führt im Weiteren aus, dass im Falle einer Vernichtung nach § 14 UrhG den grundrechtlichen Wertungen des potentiellen Interessenkonflikts zwischen dem Eigentümer eines Werks und seinem Urheber Rechnung zu tragen sei: Der Eigentümer könne sich auf sein Grundrecht nach Art. 14 Abs. 1 GG berufen, wenn er mit seinem Eigentum nach Belieben verfahren möchte (vgl. § 903 Satz 1 BGB). Dem gegenüber stehe die in Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG verbürgte Kunstfreiheit des Urhebers.

Auf Seiten des Urhebers sei dabei im Rahmen der Interessenabwägung insbesondere zu berücksichtigen, ob es sich bei dem vernichteten Werk um das einzige Vervielfältigungsstück handelt, welche urheberrechtliche Gestaltungshöhe das Werk aufweist und ob es sich um ein Werk der zweckfreien oder der angewandten Kunst handelt.

Beim Eigentümer seien bei der Abwägung insbesondere bautechnische Gründe oder sein Interesse an einer Nutzungsänderung von Bedeutung. Ferner könne sich auswirken, ob der Eigentümer dem Urheber Gelegenheit gegeben habe, das Werk zurückzunehmen oder Vervielfältigungsstücke hiervon anzufertigen.

Das Berufungsgericht habe nun im Rahmen der erneuten Verhandlung diese Interessenabwägung vorzunehmen und ggf. im Weiteren die Voraussetzungen der Schmerzensgeldansprüche zu prüfen.

4. Fazit

Auch wenn der Fall noch nicht abschließend entschieden ist, stärkt das Urteil des BGH grundsätzlich die Rechtsposition des Urhebers, insbesondere nach einer Veräußerung seines Werkes. Der Eigentümer eines Kunstwerkes sollte sich darüber im Klaren sein, dass eine Beeinträchtigung und insbesondere auch eine vollständige Zerstörung des Kunstwerkes eine Urheberpersönlichkeitsrechtsverletzung und hieraus resultierende Ansprüche des Urhebers begründen kann.
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