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Hemmung der Verjährung durch Zustellung eines Mahnbescheids

Rechtsanwalt Tarek Alexander Issa • 19. April 2020

Der Beitrag soll einen Überblick zu grundlegenden Fragen der Hemmung der Verjährung von Geldforderungen durch Zustellung eines Mahnbescheids (vgl. § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB) sowie zum regelmäßigen Ablauf eines gerichtlichen Mahnverfahrens (vgl. § 688 ff. ZPO) vermitteln.

1. Was bedeutet „Verjährung“ und wann tritt regelmäßig die Verjährung einer Forderung ein?

Nach Eintritt der Verjährung ist der Schuldner berechtigt, die Leistung zu verweigern (vgl. § 214 Abs. 1 BGB). Die sogenannte „Einrede“ der Verjährung muss dabei vom Schuldner geltend gemacht werden und wird in einem Zivilprozess nicht von Amts wegen berücksichtigt.

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre (vgl. § 195 BGB). Die Verjährungsfrist beginnt grundsätzlich mit dem Schluss des Jahres, in dem der jeweilige Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (vgl. § 199 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BGB).

Beispiel: Die Verjährungsfrist eines im Jahr 2016 entstandenen Zahlungsanspruchs gegen einen dem Gläubiger bekannten Schuldner beginnt grundsätzlich mit Ablauf des 31.12.2016 und endet mit Ablauf des 31.12.2019.

2. Was bedeutet Hemmung der Verjährung?

Die Verjährung eines Anspruchs kann aus verschiedenen rechtlichen Gründen gehemmt werden (vgl. §§ 203 ff. BGB). Mit Eintritt des Hemmungsgrundes kommt die Verjährung zum Stillstand. Mit Wegfall des Hemmungsgrundes läuft die Verjährung weiter. Der Zeitraum, während dessen die Verjährung gehemmt ist, wird in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet (vgl. § 209 BGB).

In § 204 Abs. 1 BGB nennt das Gesetz verschiedene Hemmungsgründe, die durch Rechtsverfolgungsmaßnahmen des Gläubigers eintreten. Nach § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB wird die Verjährung auch durch Zustellung eines Mahnbescheids gehemmt.

3. Was ist ein gerichtliches Mahnverfahren und wie ist sein Ablauf?

Das gerichtliche Mahnverfahren (vgl. §§ 688 ff. ZPO) ist eine besondere Prozessart, die den Zweck hat, dem Gläubiger einer – voraussichtlich – dem Grunde und der Höhe nach unstreitigen Geldforderung in Euro zügig und kostengünstig einen Vollstreckungstitel zu verschaffen.

Das Mahnverfahren ist ein rein schriftliches Verfahren. Eine mündliche Verhandlung oder Beweisaufnahme finden nicht statt.

Der Mahnbescheid über die verlangte Leistung wird auf Antrag des Gläubigers ohne Anhörung des Schuldners erlassen (§§ 690–693). Das Gericht prüft dabei grundsätzlich nicht die Schlüssigkeit des geltend gemachten Anspruchs. Sachlich und örtlich zuständig ist das Amtsgericht bzw. das zentrale Mahngericht, in dem der Gläubiger („Antragsteller“) seinen Sitz hat (vgl. § 689 Abs. 1 bis 3 ZPO).

Erhebt der Schuldner („Antragsgegner“) innerhalb von zwei Wochen Widerspruch (§§ 694, 695), wird das Mahnverfahren auf Antrag einer der Parteien in ein streitiges Verfahren übergeleitet (§§ 696–698).

Wird kein Widerspruch erhoben, erlässt das Gericht auf Antrag des Gläubigers einen Vollstreckungsbescheid (§ 699). Dieser Vollstreckungsbescheid steht einem vorläufig vollstreckbarem Versäumnisurteil gleich (§ 700 Abs. 1). Aus einem Vollstreckungsbescheid kann der Gläubiger die Zwangsvollstreckung betreiben (§ 794 Abs. 1 Nr. 4).

Legt der Schuldner jedoch innerhalb von zwei Wochen gegen den Vollstreckungsbescheid Einspruch ein, wird das Mahnverfahren von Amts wegen in das streitige Verfahren übergeleitet (§ 700 Abs. 3).

4. Unter welchen Voraussetzungen tritt die Verjährungshemmung ein und wann endet sie?

Der Eintritt der Verjährungshemmung nach § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB setzt grundsätzlich einen wirksamen Mahnbescheid voraus. Der Mahnbescheid muss für seine Wirksamkeit den Formvorschriften des § 690 Abs. 1 und 2 ZPO genügen.

Insbesondere muss nach § 690 Abs. 1 Nr. 3 ZPO der Anspruch soweit individualisiert sein, dass der Mahnbescheid Grundlage eines Vollstreckungstitels sein kann und für den Schuldner erkennbar ist, welcher Anspruch gegen ihn geltend gemacht wird.

Der Umfang der erforderlichen Angaben richtet sich nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalles. Fehlt es an einer hinreichenden Individualisierung, tritt keine Verjährungshemmung ein.

Für die Verjährungshemmung ist grundsätzlich eine wirksame Zustellung des Mahnbescheides innerhalb der Verjährungsfrist erforderlich. Nach § 167 ZPO tritt die Hemmung der Verjährung bereits mit dem Eingang des Antrags auf Erlass des Mahnbescheids bei dem zuständigen Amtsgericht (§ 689 ZPO) ein, wenn die Zustellung des Mahnbescheids „demnächst“ erfolgt.

Nach § 204 Abs. 2 S. 1 BGB endet die Verjährungshemmung nach § 204 Abs. 1 BGB sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens. Betreiben die Parteien das Verfahren nicht weiter und gerät es dadurch in Stillstand, tritt an die Stelle der Beendigung des Verfahrens die letzte Verfahrenshandlung der Parteien, des Gerichts oder der sonst mit dem Verfahren befassten Stelle (vgl. § 204 Abs. 2 S. 3 BGB). Die Hemmung beginnt erneut, wenn eine der Parteien das Verfahren weiter betreibt (vgl. § 204 Abs. 2 S. 4 BGB).

5. Welche Gerichtskosten entstehen für das Mahnverfahren?

Für das Verfahren über den Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids wird nach dem Gerichtskostengesetz (GKG) eine halbe Gerichtsgebühr auf Grundlage der Höhe der Forderung berechnet. Die Gebühr wird mit Einreichung des Antrags fällig.

6. Fazit

Das gerichtliche Mahnverfahren kann für den Gläubiger insbesondere dann eine geeignete Maßnahme zur Verjährungshemmung darstellen, wenn eine unstreitige Geldforderung geltend gemacht werden soll. In der Praxis erheben Schuldner mitunter jedoch auch Widerspruch gegen einen Mahnbescheid, der eine bislang unstreitig bestehende Forderung zum Gegenstand hat.

Wegen des zwingenden Erfordernisses der hinreichenden Individualisierung der Forderung(en) nach § 690 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ist diesbezüglich bei der Abfassung des Antrags auf Erlass eines Mahnbescheides größte Sorgfalt anzuwenden.

Bei streitigen Forderungen und/oder Unsicherheiten in Bezug auf die erforderliche Anspruchsindividualisierung sollte alternativ eine Verjährungshemmung durch Klageerhebung nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB in Betracht gezogen werden.



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